Wie alles begann

Cristina Wunder

Artikel geschrieben von:

Cristina

Der typische Geruch von Stall und Kühen gemischt mit Traktorenöl empfing mich an diesem eher kühlen Sommertag im Juli 2007 auf einem Hof irgendwo im Luzerner Seetal.

Der Hofhund, ein Berner Sennenhund, trabte mir gemütlich vorsichtig entgegen. Seine warmen Hundeaugen fixierten mich, als ob er erst abschätzten müsse, ob ich Freund oder Feind war. Ich begrüsste ihn freundlich und streichelte ihm den flauschigen Kopf, worauf er wieder zufrieden davon trottete, um seinen Stammplatz vor dem Haus einzunehmen.

Eine grau getigerte Katze flitzte im Eiltempo bei mir vorbei, um wahrscheinlich ihr Abendessen zu jagen. Die Kühe hatten bereits ihren Schlafplatz im angrenzenden Stall eingenommen und muhten mir einen lauten Gruss zu. Noch sah der Bauernhof menschenverlassen, aber aufgeräumt, aus. Der rote Traktor glänzte frisch poliert im langsam dämmernden Licht. Die Gartengeräte standen wie Soldaten neben dem Schuppen, und nur die Glocken der Kühe auf der nahen Weide waren zu hören.

Auf der riesigen, grünen Wiese standen Stühle bereit für die Zeremonie, die ich heute leiten würde. Heute würde ich meine erste freie Trauung zelebrieren!

Ja, ich hatte Herzklopfen und Knieschlottern und hoffte dass s mir niemand anmerken würde.

Dieser Tag war aber icht nur für mich etwas Besonderes, sondern auch für Sophie und Franz, die auf diesem Hof lebten. Denn heute würden sich Bäuerin Sophie und Bauer Franz nach 50 Jahren noch einmal das JA-Wort geben.

Sie waren bereits in einer romantischen Kutsche um den Hallwilersee unterwegs. Eigentlich war einfach ein Hoffest geplant. Sie hatten keinen blassen Schimmer, was für eine Überraschung ihre drei Töchter für sie geplant hatten.

Sophie und Franz hatten vor 50 Jahren ganz still standesamtlich im Tessin geheiratet. Damals fehlten die finanziellen Mittel für ein grosses Fest. Heute würden sie das langersehnte Hochzeitsfest mit ihren Freunden und Familie feiern und ihr JA-Wort noch einmal auffrischen.

Nun da stand ich total aufgeregt vor meiner ersten freien Trauung mitten auf dem Bauernhof, zwischen dampfenden Kühen und reifen Apfelbäumen.

Und dann kam endlich die Kutsche mit dem Brautpaar. Beide edel herausgeputzt, mit leuchtenden Augen, in denen sich immer noch die Liebe füreinander spiegelte. Es war ein unglaublich magischer Moment als Sophie und Franz sich noch einmal das JA-Wort gaben.

Natürlich flossen viele Tränen der Rührung und der Freude.

Es war eine gelungene Überraschung der Töchter und wird wohl uns allen in Erinnerung bleiben.

Auch für mich war es ein wunderbares Erlebnis – und so reifte mein Plan langsam, freie Traurednerin zu werden. Natürlich brauchte ich dafür noch ein paar Ausbildungen und Praxis, bis ich es schliesslich wagte, mich selbstständig zu machen. Und somit begann meine Leidenschaft für Trauungen, die ich bis heute habe.

12 Jahre später habe ich übrigens die Enkeltochter der beiden getraut!

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